Zu Beginn des Tagebuches über die wunderbare Delfin-Therapie mit
  unserer  Tochter, möchte ich mich bei allen, die mit großen und kleinen Spenden
  und mit  liebevollen Hilfeleistungen zum Gelingen beigetragen haben, ganz herzlich bedanken. 

Da jeder Beitrag, gleich welcher Art, für uns wertvoll war, möchte ich auf eine namentliche 
Auflistung verzichten - ich wüsste auch gar nicht wo ich beginnen sollte - deshalb einfach nur 
 
DANKE

Die Anreise

Alles klappte bestens und die Freude auf den Therapieaufenthalt war nicht nur bei Melanie groß.
Am Flughafen wurden wir von einer freundlichen Mitarbeiterin von Thomas- Cook-Reisen empfangen und an einer riesigen Warteschlange vorbei zum Schalter begleitet - das sollte jeglichen Stress von Melanie fernhalten.
Dann der absolute "Supergau" - Melanies Ausweis war abgelaufen..... An Alles hatten wir gedacht und trotz  der kurzen Planungsphase waren wir eigentlich auf alles vorbereitet - darauf natürlich nicht und es war auch das erste Mal, dass uns so etwas passierte. Mir standen die Tränen in den Augen. Viele Anrufe, bis zum Chef des Thomas-Cook-Teams - Aufruhr beim Bundesgrenzschutz - dann die erlösende Nachricht: Thomas-Cook-Reisen übernimmt das Risiko und stimmt unserer Ausreise zu. Allen, die an dieser Lösung beteiligt waren - einschließlich des Bundesgrenzschutzes - kann ich an dieser Stelle nur meinen allerherzlichsten Dank aussprechen.
Gerade für die Reisegesellschaft hätte dies sehr teuer werden können und wir sind von derart unbürokratischem Verhalten mehr als begeistert. Mit dem Hinweis, dass wir möglicherweise bei der Einreise in die Türkei abgewiesen und wieder heimgeschickt werden, flogen wir, mit sehr gemischten Gefühlen, nach Dalaman - Melanie hat die Aufregungen übrigens, dank der supernetten Behandlung der Beamten, gut überstanden.
Während des gesamten Fluges beteten wir, dass alles gut gehen möge. Ich hatte mich schon auf eine "bühnenreife Nummer" vorbereitet - mit vielen Tränen und dem Hinweis, dass es um Leben und Tod geht. Am Einreiseschalter legten wir, mit betont gleichgültiger Geste, unsere Ausweise vor - auch den abgelaufenen von Melanie - und ???? der liebe Gott muss dem Beamten beide Augen zugehalten haben. Ohne die geringsten Probleme erhielten wir den wichtigen Stempel und der Beamte hatte bestimmt noch nie Leute gesehen, die sich so laut und fröhlich freuten, nachdem sie durch die Grenzkontrolle gegangen waren....
Nach mehr als 3 Stunden Fahrt, leider teilweise im Dunklen, erreichen wir unser Hotel. Das Einchecken gestaltet sich etwas schwierig. Zuerst versagt der Computer, unsere Anmeldung wird nicht gefunden und dann werden uns Zimmer zugewiesen, die wir gar nicht gebucht haben.
Nach weiteren 2 Versuchen uns "irgendwo" einzuquartieren erhalten wir ein Appartement, dass genau richtig ist für uns - alle sind zufrieden.
Wir fahren noch ganz spät (24 Uhr) nach Kas, um unseren Hunger zu stillen. Dank perfekter Organisation seitens Dolphin-Jump, ist unser Mietwagen schon ins Hotel gebracht worden. Danach noch schnell auspacken und todmüde ins Bett.

       ANDIFLI - RENT A CAR, Ahmet Yasin Kocaer

1. Tag - Sonntag

Wir fahren nach Kas, nachdem wir gemütlich im Freien gefrühstückt haben - mit atemberauben- dem Blick auf das Meer und die Insel Meis. Melanie genießt, dass ihr Behindertenbegleithund Amely der absolute Hit beim Personal und den Gästen ist. Das bleibt auch so, die ganzen 3 Wochen lang. Jeder will sie streicheln - teilweise stürzen sich Angestellte und Gäste regelrecht auf sie. Amely zeigt sich von der allerbesten Seite - geduldig, lieb und mit ihrer absoluten Ruhe, lässt sie alles über sich ergehen - und auf jeden Fall haben viele Menschen, in einem Land, in dem Haustiere eher eine untergeordnete Bedeutung haben, ihr Verhältnis zu Hunden ganz neu definiert.
Auf dem Weg nach Kas finden wir sofort den Therapieplatz und melden uns an. Wir können uns kaum trennen von den 3 Belugawalen und Mischa, dem Delfin. Alle sind sehr gespannt auf den ersten Therapietag und wir verbringen diesen Sonntag am Hotelpool - mit einer sehr müden Melanie.

2. Tag - Montag

Zwischen "Dr. Igor", dem Therapeuten und Melanie klappt der Kontakt auf Anhieb. Igor wird von Melanie zunächst rundherum einer genauen Prüfung unterzogen - und offenbar ist sie mit dem Ergebnis zufrieden. Wir sind sehr beeindruckt von der Ruhe in diesem Areal am Meer - vor allem aber von dem super ausgeglichenen und ruhigen Igor. Kein lautes Wort, keine Unruhe drum herum - wir dürfen uns während der Therapie nicht vom Platz bewegen - alles soll ungestört ablaufen.
Melanie will keine Schwimmweste anziehen (war ja klar) und das ist ein ziemliches Problem. Trotzdem knüpft sie die ersten Kontakte zu Mischa - es ist kein Delfintrainer dabei - nur Igor, Mischa und Melanie in einem abgeteilten, kleineren Meeresbecken. Das hat den Vorteil, dass Melanie ihrem Delfin Mischa besonders nahe sein kann. Sie wirft einen Ball und nimmt ihn dann von Mischa wieder in Empfang, dann belohnt sie ihn mit einem Fisch. Sie traut sich nicht von der Plattform weg, obwohl ein grobmaschiges Netz über den gesamten Boden gespannt ist, auf dem sie stehen könnte.

3. Tag - Dienstag

Melanie zieht wieder keine Schwimmweste an und "bändelt" sehr lange. Alles, was an Schnüren und Bändern erreichbar ist, wird in die Finger genommen und Melanie ist in ihrer eigenen Welt.
Igor sagt, dass Melanie doch besser im großen Meeresbecken schwimmen sollte und uns ist klar, dass wir eine Schwimmhilfe "basteln" müssen, die Melanie über Wasser hält und in der sie sich frei bewegen kann.
Wir kaufen einen Schwimmgürtel, teilen ihn halb durch und ich nähe einen Abend lang die einzelnen Stoffkammern (innen Styropor) zu. Da kein Nähgarn vorhanden ist, wird ein Schuhriemen auseinander gepfriemelt - geht prima - man muss sich nur zu helfen wissen.

4. Tag - Mittwoch

Die Hälfte der Therapie findet heute im kleinen Becken statt - Melanie bewegt sich mit ihrem "Super-Schwimmgürtel" gleich von der Plattform weg aber alle sind der Ansicht, dass Melanie mehr Platz braucht - also wird nach einigen Minuten ins schöne, große Becken gewechselt.
Melanie lacht laut und ausgiebig - sie freut sich - endlich fühlt sie sich in ihrem Element. Die drei Wale kommen neugierig angeschwommen - sie wollen mit Melanie schmusen. Mischa verteidigt aber seinen Platz an Melanies Seite und drängt die Wale von Melanie weg. Manchmal ist Mischa etwas ungestüm - das ist jedoch Melanie - die ihre Kraft noch nicht richtig dosieren kann (was sich im Laufe der Therapie dramatisch verbessert) auch. Bei den Bedingungen, die dort bei der Therapie vorzufinden sind, bin ich sicher, sie werden den richtigen Umgang miteinander finden.
Sergej, der Delfintrainer, setzt Mischa häufig Grenzen, nicht immer gehorcht Mischa sofort seinen Anweisungen. Melanie zeigt aber überhaupt keine Angst, sie wendet sich heute oft den Walen zu, die mit ihren langsamen Bewegungen für sie heute scheinbar besser sind.
Fazit: ab heute nur noch im großen Becken!

5. Tag - Donnerstag

Wieder fällt mir auf, wie schön es ist, dass Melanie in diesem großen Gelände mit dem "Doktor Igor", dem Trainer Sergej, mit Mischa und den 3 Walen ganz allein ist. Besucher werden während der Therapie abgewiesen. Außer den natürlichen Geräuschen, gibt es keine Ablenkung, was dem intensiven Kontakt mit den Tieren sehr förderlich ist. Niemand läuft herum, spricht oder ruft. Wir hören nur Igor, der sehr leise und ruhig mit Melanie spricht.
Hier wird großer Wert auf die Interaktion zwischen Melanie und den Tieren gelegt und es läuft nach dem schon in der Literatur erwähnten Muster ab. Mischa sucht aktiv den Kontakt mit Melanie, er fordert ihn unmissverständlich ein. Der Trainer greift nur sehr selten ein, Melanie ist es, die Mischa für seine "Leistung" (z.B. einen Ball holen und bei ihr abliefern) mit einem Fisch belohnt. Sie legt diesen Fisch heute ganz behutsam in sein Maul und bedenkt auch die Belugawale mit Streicheleinheiten - die Belugas danken es ihr mit zärtlichem Schmusen.
Heute dürfen wir alle ein paar Minuten mit Mischa schwimmen und wir genießen es. Unser Respekt vor Melanie ist sehr groß, weil wir alle ein wenig unsicher sind, während Melanie völlig unbefangen aber trotzdem respektvoll mit den Tieren umgeht.
Ich kann mich wirklich von Mischa und den Walen kaum trennen und spüre, was diese Nähe zu den Tieren im Wasser auslöst. Mir laufen danach lange die Tränen über das Gesicht - einfach so, ich kann es nicht einhalten.
Es wird beschlossen, dass ich noch 3 x mit den Tieren schwimmen darf - natürlich gegen Bezahlung.

6. Tag - Freitag

Melanie geht zum ersten Mal ganz allein zu Therapie-Plattform und sagt nach 2 Minuten: "Ins Wasser gehen" - Igor reagiert auch sofort und ohne lange Umstände gehen sie zu Mischa und den Walen ins Meerwasser.
Heute fängt Melanie an die Führung zu übernehmen. Eine Weile ist sie noch mit sich selbst beschäftigt (und dem Bändel an Igors Schwimmweste). Dann aber übernimmt sie die Kontaktanbahnung zum Delfin. Auch ohne Ballspielen findet heute eine echte soziale Kommunikation zwischen Mischa und Melanie statt. Der Trainer greift so gut wie nie ein - er sitzt nur dabei, spielt heute eine absolut sekundäre Rolle. Für Melanie entsteht der Eindruck, der Delfin ist nur für mich da. Mischa wird von Melanie nicht für jeden Kontakt belohnt - er will ganz offensichtlich aus eigenem Antrieb mit Melanie zusammen sein. Die Wale, zumindest 2 von ihnen, sind auch immer in Melanies Nähe.
Sergej lässt Mischa ein Lied singen indem er "dirigiert" - Sergej als Dirigent, Mischa als Popstar und die Belugas als Gogo-Tänzer - einfach nur lustig, das findet auch Melanie. Der Kontakt zwischen Melanie und Mischa ist heute sehr innig, wird aber auch von Melanies Seite deutlich fordernder.

7./8. Tag - Samstag/Sonntag

Wir gönnen Melanie eine Wochenendpause und uns allen einen Ausflug mit dem Boot zu einigen schönen Schwimm- und Schnorchelplätzen. Der nette Bootsmann versorgt uns auf seinem kleinen Boot (auf dem nur wir mitfahren) mit leckerem, gegrillten Fisch und Salat. Sabri, unser Begleiter (auch von Dolphin-Jump organisiert), der auch deutsch spricht, ist etwas genervt, weil ich so viele Fragen habe. Alles in allem - ein erholsamer und fröhlicher Tag, auch für Melanie.
Am Sonntag fährt uns Sabri mit dem Kleinbus u.a. nach Demre, die Nikolausstadt, zu einem Amphitheater nach Myra, nach Kekova und an einen Super-Sandstrand. Durch ein Missverständnis geht Melanie mit ihrem Bruder Stefan - OHNE SCHUHE - durch den brennend heißen Sand und erleidet einen echten Schock. Ca. 2 Stunden weint sie ununterbrochen und ist durch nichts zu trösten. Nachdem ich mir die Fußsohlen angeschaut habe, die unversehrt sind, wird uns allen klar: das Erlebnis mit dem heißen Sand hat Schleusen geöffnet und hilft Melanie einen großen Teil ihres aufgestauten Seelenschmerzes hinauszuweinen. Nach etwas mehr als 2 Stunden haben wir eine lachende, sehr gesprächige und an ihrer Umwelt interessierte Tochter - diese Stimmung hält den ganzen restlichen Tag an.


Am Abend dann der absolute "KNALLER" - Melanie SCHWIMMT mit total ernstem und konzentrierten Gesicht im Pool ohne Hilfe von einer Seite zu gegenüber liegenden. Jetzt kann sie tatsächlich schwimmen und sie wiederholt das ab jetzt jeden Tag. Ich möchte lachen und weinen gleichzeitig.....

9. Tag - Montag

Wir erzählen Igor von Melanies "Superleistung" und er lobt sie und freut sich richtig mit ihr und uns. Heute geht die Kommunikation mit Mischa ausschließlich von Melanie aus. Sie ist so schön vertraut mit Mischa. Der Trainer Sergej ist heute etwas streng mit Mischa - einige Male stupft er mit einer umgedrehten Milchflasche, die an einem Stab befestigt ist (mit diesem Teil wird Mischa konditioniert, eigentlich ein normaler Trainingsvorgang, der dem Delfin nicht weh tut - bei einem Hund nimmt man z.B. einen "Klacker" um ihn zu trainieren). Melanie gefällt das nicht und sie sagt: "Lieber wieder Ei-machen". Sie streichelt Mischa, testet aber im Anschluss daran, wie weit sie Macht über ihn hat. Sie sagt: "klapper - klapper" und klappt Mischa mit beiden Händen das Maul auf und zu, dass man es bis zu unserem Platz hören kann. Mischa findet es anscheinend in Ordnung - er verlässt Melanie während der ganzen Therapiezeit (ca. 40 Minuten) nicht ein einziges Mal.

10. Tag - Dienstag

Igor ist heute mit Melanie sehr zufrieden und einige Male lacht Melanie laut und herzhaft. Sie spricht heute pausenlos mit Mischa. "Los - untertauchen" - "hier hast du Fisch" und natürlich wieder "klapper klapper" (Maul auf, Maul zu). Heute ist deutlich zu sehen, dass einer der Belugas starkes Interesse an Melanie zeigt - was in den nächsten Tagen noch intensiver wird. Mischa gefällt das gar nicht, er ist scheinbar eifersüchtig. Ein Ball wird geworfen und ein Beluga soll ihn holen - Mischa spurtet sofort hinterher, nimmt dem Beluga den Ball ab und bringt ihn zu Melanie. Unglaublich, wie die Interaktion zwischen Melanie und Mischa mittlerweile funktioniert. Uns fällt auf, dass Melanie mit traumwandlerischer Sicherheit ihre Hände kontrolliert - ohne hinzuschauen fasst sie Mischa exakt an den Stellen des Körpers an, an denen er gerne berührt werden möchte. Einmal ist sie aus Versehen mit einer Hand in sein Maul geraten - sie korrigiert das in Sekundenschnelle ohne hinzusehen. 
Igor versucht verstärkt Melanie zu sozialem Kontakt anzuregen - aber Melanie will nur streicheln und füttern.
Heute ist Melanie nach der Therapie außergewöhnlich froh, sie redet ununterbrochen - ohne Punkt und Komma. Auffallend ist auch ihre Kontaktaufnahme zu mir. Sie sucht meine Nähe und - eine Sensation - reibt mir mit Creme sorgfältig den Rücken ein. Eine zweite Sensation: sie duscht heute fast allein und wäscht sich sorgfältig. Ihr Selbstbewusstsein wächst sichtbar von Tag zu Tag. Am Abend geht sie ganz allein zu zwei jungen Mädchen und setzt sich dort an den Tisch - ich bekomme eine Ahnung davon, dass wir sie loslassen müssen.......

11. Tag - Mittwoch

Ein reichlich unruhiger Therapietag - ich habe vergessen, den Eingang nach uns - wie üblich - mit einer Kette wieder zu verschließen und sofort schlupft eine Familie ins Zentrum. Es gibt wirklich dumme und ausgesprochen "bescheuerte" (sorry) Menschen. Obwohl ihnen ausführlich erklärt wird, dass jetzt Therapie stattfindet und sie später wiederkommen können, machen sie einen Riesenaufstand, drücken mit Gewalt dem Mitarbeiter das Geld in die Hand und sagen, sie wollen nur schauen. Melanie wird unruhig, Igor wird böse - die Leute marschieren einfach weiter. Der Chef wird gerufen und sofort reden sie auf diesen ein. Schließlich gibt der sich geschlagen und lässt sie auf die Therapieplattform - nur schauen, na ja........ Mischa schnappt nach der Hand des Mannes (hat er noch nie getan bei uns) - aber ich denke - geschieht ihm recht - (ich bitte um Vergebung, aber....) Dann endlich gehen sie, ohne Melanie oder uns eines Blickes zu würdigen und Melanie darf endlich mit Igor ins Wasser. Durch die unglaubliche Ruhe von Igor ist auch bei Melanie nach wenigen Minuten die Hektik verflogen. Leider stehen nach kurzer Zeit ungewöhnlich viele Besucher vor dem Eingang. Einige sind so verrückt und vorwitzig, drängen sich so weit vor, um schon mal einen Blick auf die Tiere werfen zu können, dass ich hingehe und mit ziemlich bösem Blick darum bitte, zurück zu treten. Sascha ist ganz erschrocken, wie böse ich schauen kann - die "Vorwitzigen" übrigens auch, sie gehen gleich ganz weg.
Nach der Therapie verlassen wir ganz schnell das Gelände, damit Melanie nicht Zeuge wird, wie andere mit "ihrem" Mischa schwimmen. Wir vereinbaren mit Igor am nächsten Tag früher zu kommen und haben den Eindruck, dass er auch ganz schön sauer über die Störungen ist.
Nach der Therapie fahren wir nach Fethiye - zu laut, zu warm, zu unfreundlich -mehr ist dazu nicht zu sagen. Beim Abendbummel in Kas genießen wir wieder die Freundlichkeit der Menschen. Vor allem außerhalb der Innenstadt - in den Nebenstraßen. Mit diesen Menschen fühlen wir uns wohl - es sind vor allem die einfachen Menschen, die Melanie in Minutenschnelle verstehen und immer genau das Richtige tun.

12. Tag - Donnerstag

Heute beginnen wir früher und es ist wieder so eine wohltuende Ruhe bei Igor und Sergej, dass wir uns nicht mal unterhalten mögen. Melanie war morgens ziemlich nervös - nach wenigen Minuten mit Mischa beginnt sie sich zu entspannen. Jetzt buhlen ganz eindeutig zwei um ihre Gunst - Mischa, der natürlich die älteren "Rechte" auf Melanies Zuwendung beansprucht und einer der Belugawale, der Melanie nicht von der Seite weicht. Als sie sich für seinen Geschmack zu lange mit Mischa beschäftigt, nimmt er ihren Oberarm in sein Maul - ich bin zuerst ziemlich erschrocken, was sich aber als völlig unnötig herausstellt. Noch niemals habe ich gesehen, wie zärtlich und behutsam so ein "Riesen-Koloss" sein kann. Diese zarte Geste reicht aus und schon hat Melanie mit einem Arm den Beluga umfasst und mit dem anderen Mischa. Es ist wirklich rührend zu sehen, wie behutsam die beiden mit Melanie umgehen - und das alles praktisch ohne Delfin-Trainer, nur mit Igor im Wasser.
Heute dürfen wir einen ganz großartigen Moment erleben. Melanie schwimmt, gemeinsam mit Igor, mitten zwischen Mischa und dem Wal eine große Runde durch das Meerbecken - das Besondere daran ist die Harmonie, mit der beide Tiere versuchen, ihr Tempo dem von Melanie anzupassen und Wal und Delfin schwimmen dabei sozusagen in "Tuchfühlung" zueinander. Dazu muss man wissen, dass Belugas sich wesentlich langsamer bewegen als Delfine und dieser Ausflug besonders für Mischa eine ganz besondere Leistung ist. Anschließend will Melanie noch, dass Mischa eine "Arie trällert" - sie ahmt sein Singen nach und Sergej steht auch gleich auf und dirigiert. Mischa "singt" und die Belugas, mit ihren großen, schweren Körpern, tanzen - man kann einfach nicht anders, als über diesen Anblick zu lachen. Das alles geschieht auf eine spielerische Weise, die kein bisschen spektakulär wirkt - einfach so, alle Beteiligten haben ihre Freude daran.
Heute ist besonders deutlich zu spüren, wie lieb Sergej seine Tiere hat - er lebt mit ihnen und für sie und das mit großem Respekt.
Auch für mich ist heute wieder ein großer Tag. Ich darf wieder zu den Tieren ins Wasser. Ganz behutsam nehme ich Mischa in den Arm und streichle ihn - er bleibt ganz ruhig im Wasser liegen (Sergej ist nicht auf der Plattform, weil er etwas zu erledigen hat - nur Sascha, der Mitarbeiter, der kein Trainer ist, sitzt dabei) Ich drehe Mischa ganz vorsichtig auf den Rücken (er lässt das ganz entspannt mit sich geschehen), dann fasse ich seine Seitenflossen und lege mich auf seinen Bauch. Er schwimmt so mit mir ganz langsam eine große Runde - wunderbar und unbeschreiblich. Ich stelle fest, dass es besonders das zarte und langsame Umgehen mit den Tieren ist, das wirklich die Seele weit öffnet.

13. Tag - Freitag

Melanie ist heute wieder hin- und hergerissen zwischen Mischa und den Walen, bzw. einem von den Walen. Der Wal will ihr den Ring zurückbringen, den Igor geworfen hat, aber auf halber Strecke jagt Mischa ihm den Ring ab und bringt ihn ganz schnell zu Melanie. Wir haben vereinbart, dass wir noch eine weitere Woche Therapie durchführen - Melanie weiß das noch nicht und sie hat ausgesprochen schlechte Laune - die auch am Samstag und Sonntag noch anhält. Bei einem Bootsausflug fühlen wir uns, wie bei einem Drahtseilakt. Offensichtlich holt die Delfintherapie die absoluten, auch negativen Schlüsselerlebnisse heraus. Melanie wiederholt häufig einen Satz, den sie nach einem Krankenhausaufenthalt mit 13 Monaten, der ihr Leben so dramatisch beeinflusste, oft ausgesprochen hat: "Das Baby weint" - dabei ahmt sie das Weinen eines Babys nach. Überhaupt sind heute alle Worte, die sie spricht in einer total hohen Frequenz.
  
Montag, 02.08. - 1. Therapietag der 3. Woche

Melanie betritt das Therapiezentrum und sagt immer wieder: "Ach ist das schön, das ist so schön". Sie freut sich fast ein Loch in den Bauch, als sie Igor sieht. Ganz allein schwimmt sie heute eine große Runde mit Mischa, indem sie sich an seiner Finne festhält. Wir erzählen Igor von einem Vorfall am Samstagmorgen. Melanie hatte einem kleinen Mädchen etwas wehgetan - das halbe Hotel war in Aufruhr (was allerdings maßlos überzogen war) und das Mindeste, was ich mir in diesem Moment wünschte war, mich unsichtbar machen zu können. Ein absolutes Horrorerlebnis, das wir zwar der Mutter des Kindes erklären konnten (sie verstand es auch sofort und machte sich mehr Sorgen um mich, als um etwas anderes) nicht aber den Gästen, die die deutsche Sprache nicht verstanden. Igor sagt, dass dieses schreckliche und tiefe Trauma irgendwann herausbrechen MÜSSE. Niemand von uns ist in der Lage, sich diese furchtbaren Qualen vorzustellen. Wir können nicht anders handeln, als Melanie pausenlos und rund um die Uhr im Auge zu behalten. Wir haben das in dieser heftigen Form noch nie erlebt, es wirkt auf andere halt bedrohlich, auch, wenn es das nicht ist. Dass Melanie, trotz ihrer Größe, ein verzweifeltes und oft hilfloses Kind ist, wird nur von Menschen verstanden, die entweder die Situation differenziert betrachten können - oder die nach klaren, festen Strukturen leben (wie zum Beispiel die Menschen, die wir in den ländlichen Gebieten trafen) und deren menschliches Verständnis scheinbar höher entwickelt ist.
Melanie wurde seit ihrer Geburt (36 Stunden) in den ersten Jahren häufigen Schmerzen, falschen Behandlungen und Dingen ausgesetzt, gegen die sich sich nicht zur Wehr setzen konnte. Durch die Delfintherapie wacht sie auf und bei dieser aktuellen Therapie in Kas in einem weit stärkerem Maße als bisher. Wenn sie jedoch jemals den Ballast ihres Lebens abwerfen kann - dann müssen wir jetzt alle da durch. Melanie braucht jede nur mögliche Unterstützung bei ihrem Versuch "ins Leben zu kommen". Was für mich als Mutter manchmal schwer ist (mein Mann ist da pragmatischer) sind die Blicke dieser Frauen, die offenbar "nur schön" sein können und nicht den blassesten Schimmer haben von der Lebensleistung, die wir in den letzten Jahren vollbracht haben. Sie wissen nicht (und wollen es auch gar nicht wissen), wie es sich so lebt - ohne Schlaf, bis zur Obergrenze voll mit eigenen Krankheiten und dabei jeden verdammten Tag - 24 Stunden lang - sein Kind schützen und pflegen - die eigenen Reaktionen ständig, in jeder Sekunde unter Kontrolle zu halten. Dabei Geldprobleme ohne Ende zu haben, weil jede Behandlung Unmengen kostet, für die sich keiner verantwortlich fühlt. Für die Behandlungen ist halt richtig ECHTES Geld notwendig, das man in Ziffern ausdrücken kann. Beim "Wegsperren" (der minimale Betreuungsschlüssel der meisten Einrichtungen macht etwas anderes unmöglich) würde wesentlich mehr an Kosten der "Allgemeinheit" auferlegt - aber das sieht man ja nicht, merkt es kaum. Das kann aber doch keine Alternative sein. Ich bitte um Entschuldigung für diesen kleinen Ausflug in die Interna - aber es handelt sich um ein Therapie-Tagebuch und da dürfen m.E. auch solche Gedanken, die eben hin und wieder entstehen, nicht ausgeschlossen sein.

Dienstag, 03.08. - 2. Therapietag der 3. Woche

Melanie kann es nicht erwarten ins Therapiezentrum zu kommen - dann allerdings sitzt sie erstmal oberhalb der Plattform und rührt sich nicht. Igor fordert sie immer wieder auf, ins Wasser zu kommen - Melanie bleibt stur. Überhaupt scheint sie jeden Tag mehr bestimmen zu wollen, wie der Tag zu verlaufen hat - sie übernimmt eindeutig die Führung, aber auch mehr Verantwortung.
Sie bestimmt den Zeitpunkt, wann sie ins Wasser geht und im Wasser versucht sie auch Mischa gegenüber die Führung zu übernehmen. Der jedoch -und das ist das eigentlich Besondere an diesem Tag - will die alte Hierarchie wieder herstellen (wie Igor erklärt, ein ganz normaler Vorgang). Er ist sehr nervös und heftig, wehrt sich gegen das Maul auf und zu klappen und ist auch nicht bereit Berührungen zuzulassen, die ihm nicht gefallen. Melanie hat etwas Mühe sich auf die veränderte Situation einzustellen - aber nach ungefähr 30 Minuten beginnt sie diese zu akzeptieren. Sie hält sich dann an den Belugawal, der nach wie vor an ihrer Seite ist. Mischa kommt mit "Friedensangeboten" und verhält sich etwas ruhiger - aber für Melanie zeigt sich deutlich - sie ist nicht der Chef. Sie versucht Igor zu "benutzen", bezeichnet ihn als Delfin - aber auch der weigert sich, sagt: "nein, ich bin der Doktor". Wir sind alle sehr gespannt, wie sich das jetzt weiter entwickeln wird. Unwillkürlich warte ich auf den Tag, an dem Melanie dem "Doktor Igor" einen Fisch als Belohnung in den Mund steckt :-)
Melanie hat es heute sehr eilig aus dem Therapiezentrum weg zu kommen.

Mittwoch, 04.08. - 3. Therapietag der 3. Woche

Es ist unvorstellbar, wie sich bei der Delfin-Therapie manche Entwicklungen gleichsam wie im Zeitraffer vollziehen, für die wir zuhause Monate oder Jahre brauchen würden.
Auch heute muss Melanie wieder lernen, dass Mischa sich gegen die Bevormundung seitens Melanie wehrt. Sie versucht es mit einem "alten Trick" - sie petzt. Nachdem Igor sie auffordert einen Ball zu werfen, den Mischa holen soll sagt sie zu Igor, indem sie auf Mischa zeigt: "Der tut mir was". Igor zieht sich daraufhin etwas zurück und schaut dem "Spielchen" zwischen Mischa und Melanie zu. Es ist für Melanie sicher eine ganz wichtige Erfahrung, ihren Umgang mit Mischa zu verändern. Aber sie schafft dieses Kunststück - und mir läuft wirklich ein Schauer nach dem anderen über den Rücken, als ich sehe, wie schnell Melanie ihr Verhalten ändert. Sie begegnet Mischa jetzt mit größerem Respekt, zieht sich aber nicht von ihm zurück - und Mischa? er dankt es ihr sofort mit verstärkter Zuwendung. Wer das niemals gesehen hat, der wird auch nicht annähernd verstehen können, warum wir die ganzen Strapazen einer solchen Reise auf uns nehmen.
Den ganzen Tag über findet dieses Ausprobieren "wie weit kann ich gehen" auch im Familienkreis statt. Wir müssen höllisch aufpassen, damit wir entsprechend reagieren können. Melanie bestimmt am Abend, wann dieser beendet ist und sie schlafen gehen möchte - und wir gestatten dies gern - ein großer Fortschritt für uns alle. Seit heute sagt Melanie auch wieder laut und deutlich "NEIN" - ein Wort, das in ihrem Sprachschatz so gut wie nie vorkommt. Auch ihr Hund Amely wird heute in ihre verbesserten Sozialkontakte einbezogen. Als Fremde ihn streicheln wollen sagt sie laut: "der darf jetzt nicht gestreichelt werden" und zieht ihn zu sich heran.

Donnerstag, 05.08. - 4. Therapietag der 3. Woche

Melanie entdeckt heute einen großen roten Ball, der an einer Kette im Wasser schwimmt. Sie assoziiert dies sofort mit Feuerwehr und probiert alle möglichen Sätze aus. "Die Feuerwehr muss kommen" - "Das ist von der Feuerwehr" usw. Sergej sagt, dass Mischa mit diesem Ball nichts anfangen wird. Er sei zu groß und überhaupt sei Mischa darauf nicht trainiert. Melanie hört zu - aber dann probiert sie erst recht Mischa dazu zu bewegen mit diesem Ball zu spielen. Sergej kann es gar nicht glauben, als Mischa dann tatsächlich diesen Riesenball vor die Nase nimmt und ihn durch das Wasser schiebt - wer würde da noch zweifeln, dass Mischa das für Melanie getan hat?
Melanie lacht heute sehr oft und richtig "dreckig" - ansteckend. Sie bringt es fertig, dass alle Beteiligten sich wohlfühlen.

Freitag, 06.08. - 5. Therapietag der 3. Woche

Sergej hat offenbar stundenlang mit den Tieren trainiert - als wir kommen ist er schon wieder oder immer noch? im Wasser. Er ist ganz stolz, dass er heute für Melanie zum Abschied eine Show präsentieren kann und sagt das auch immer wieder zu Melanie. Ich hoffe die ganze Zeit, dass er nicht allzu enttäuscht ist, dass Melanie eigentlich gar kein Interesse an dieser Show hat. Sie will lieber mit Mischa und einem Wal "Synchronschwimmen" .
Gestern nachmittag hat sie auf dem Computer geschrieben (seit einigen Tagen schon schreibe ich auch hier in der Türkei mittels der gestützten Kommunikation (FC) mit Melanie auf dem PC). Ich habe ihre Erlaubnis, die Worte hier wieder zu geben. Über Igor schrieb sie: "Igor ist Richter, Heiler und Gelehrter" - über mich: "du willst mit mir nur immer Geduld üben" - über ihren Vater: "der Papa ist wichtig zum jubeln immer wieder" - über sich selbst: "ich möchte manchmal lieber als Baby wieder im Bauch sein" über Mischa: "ich wollte Mischa könnte sprechen" und "ich habe mich innen von Mischa verabschiedet" über die Wale: "die Fische brauchen Urmelwasser von den Bergen" (sie hat mitbekommen, dass Igor erklärt hat, dass die Wale sich nur deshalb in diesem Teil des Mittelmeeres wohlfühlen, weil es genau an dieser Stelle so kühl ist, da ständig Wasser von den Bergen ins Meer fließt).
Zum Abschluss winken alle vier Tiere mit ihren Flossen (für die Wale ist das ganz neu - Sergej muss wirklich viele Stunden trainiert haben). Es ist ein ganz ausgelassenes Treiben im Wasser - Sergej und Igor lachen und Melanie stimmt darin ein.

Samstag/Sonntag, 07./08.08 - Therapiefreie Tage

 Wir machen mit dem Mietwagen einen Ausflug in die Berge und Melanies Laune geht heute in extrem kurzen Zeitabständen von Himmelhochjauchzend nach Zutodebetrübt. Wir bemühen uns darum, sie mit ihrem offensichtlichen Abschiedschmerz (in dieser Form für uns auch ganz neu) allein fertig werden zu lassen. Der Tag ist wunderschön - wir genießen schweigend die herrliche Landschaft, die ausgesprochen freundlichen Menschen, das Essen in einem kleinen, abgelegenen Gasthof mit frischen Forellen und jeder hängt irgendwie seinen eigenen Gedanken nach.
Wir unterhalten uns kurz darüber, dass wir auf jeden Fall im nächsten Jahr wieder eine Therapie mit Melanie ermöglichen wollen - und danach ist Melanies Laune deutliche besser. Auf dem Weg ins Hotel (mittlerweile ist es dunkel) singt Melanie im Auto, lacht und ist richtig guter Dinge.

Am Sonntag treffen wir uns mit Sergej, Sascha und Igor zum Kaffeetrinken im Therapiezentrum. Wir erleben einen Nachmittag mit vielen interessanten Informationen, mit viel Lachen und ich bin glücklich über einen einzigen Satz von Igor: "Ich finde, ihr seid wahre Helden". Dieser Satz wird mir in den nächsten Tagen helfen, wenn wir wieder viele Stunden am Tag mit Melanie "arbeiten", lernen, lachen und weinen werden.

Montag, 09.08. Abreisetag

Ein letztes Mal mit Melanie schwimmen, mit dem superfreundlichen Hotelpersonal lachen - die letzten Reste packen und gegen Abend treten wir dann die Heimreise an.
Leider gehört zu diesem Tag auch das wirklich einzige negative Erlebnis dieser Wochen. Mein Mann hat sich am Flughafen Dalaman glaubhaft versichern lassen, dass jetzt 2 Stangen Zigaretten pro Person eingeführt werden dürfen???! Er ist absoluter Nichtraucher, hat aber sicherheitshalber nur eine Stange mehr eingekauft. Bei unserer Ankunft am Flughafen Stuttgart wählten wir natürlich den Durchgang für Reisende ohne zollpflichtige Waren (wir waren ja sicher, dass alles in bester Ordnung ist). Hunderte von Reisenden gingen durch die Zollkontrolle - wen holten sich die Zollbeamten aus dieser Menge heraus?  UNS - obwohl uns von weitem schon anzusehen war, dass wir einen Behindertenbegleithund dabei hatten und dementsprechend auch einen Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Der Zollbeamte fragte mich, wieviele Zigaretten ich dabei hätte und ich antwortete sofort (ich kann ja sowieso nicht unehrlich sein) 4 Stangen.
Das, was eigentlich ein schöner Abschluss unserer Reise hätte sein sollen entwickelte sich zu einem abstrusen Horrorerlebnis. Wir mussten alle drei in einen Raum, die Beamten nahmen eine Anzeige auf, mein Mann sollte die Zollgebühren bezahlen. Alles Erklären half nichts, wir hatten auch keine Euro mehr und die Beamten hatten null Verständnis dafür, dass wir unsere Tochter nicht allein in dem Raum sitzen lassen können, um Geld am Automaten zu besorgen. Ich bin ja nun kein junger Hupfer mehr und wir haben unzählige Reisen hinter uns - Menschen wie diese Beamten sind mir jedoch noch niemals begegnet und ich hoffe, sie werden mir auch nie wieder begegnen. Entweder saßen sie auf ihren Ohren oder sie waren der Überzeugung: eine Uniform schließt jegliches Mitempfinden aus - und Uniform und Lächeln verträgt sich schon sowieso nicht. Vielleicht waren es aber auch gar keine richtigen Menschen? Ich bilde mir jetzt also einfach mal ein, wir haben diesen Vorfall geträumt - und die beschäftigen beim Flughafen vielleicht diese Roboter - aber Roboter sollen ja sogar über wenigstens künstliche Intelligenz verfügen - diese Personen jedoch.......????

Vorläufige Abschlussbetrachtungen:

Melanies wache Aufmerksamkeit wird hier zuhause noch jeden Tag stärker. Es macht wieder Freude mir ihr zu leben und zu lernen. Sie begegnet anderen Menschen auf angemessenere Weise. Die nächsten Tage und Wochen werden für uns alle zu einer anstrengenden Reise werden. Melanie will lernen und sie fordert viel Zeit von uns ein. Aber wir freuen uns darauf und sind gespannt, welche Überraschungen uns Melanie noch bereitet.

Nachdem wir nun 6 Delfin-Therapien durchgeführt haben, kann ich uns wohl (dieses Recht nehme ich mir jetzt einfach einmal) als erfahrene Eltern bezeichnen bezüglich der Delfin-Therapie.

Es sei mir gestattet hier einige Vergleiche anzustellen. 4 Therapien führten uns nach Key Largo, Florida. Die ersten 4 Wochen waren wohl das Spektakulärste, was wir in Bezug auf Therapie bei Melanie je erlebten. Wir flogen mit einem Kind nach Florida, das die meiste Zeit "abgeschaltet" hatte, in seiner eigenen Welt lebte und wenig Interesse an komplexen Zusammenhängen zeigte. Zurück kamen wir mit einer Tochter, die absolut wach war, ununterbrochen im Hier und Jetzt lebte, in wenigen Tagen am liebsten ihr ganzes Leben nachgeholt hätte. Als sie merkte, dass das schlicht unmöglich war begann sie sich wieder etwas zurückzuziehen - aber nie mehr so wie vorher. Alles was sie neu dazu gelernt hatte, blieb dauerhaft bestehen.

Die nächsten 3 Therapien in Florida brachten alle weitere Fortschritte - aber nicht mehr so intensiv wie bei der ersten Therapie. Noch heute bin ich der Ansicht, dass der Wechsel der Therapeutin bei den Folgetherapien für Melanie, als autistischen Menschen, ein großer Nachteil waren. Sie hatte zum ersten Mal in ihrem Leben eine wirklich intensive Bindung aufgebaut, die immerhin fast ein Jahr in ihrem Inneren weiterwuchs. Und dann wurde dieses Anknüpfen bei der zweiten Therapie, ohne, dass wir sie darauf vorbereiten konnten, einfach abgeschnitten - dagegen hat sie sich, wie ich finde, aus verständlichen Gründen gewehrt.

Bei der dritten Therapie in Florida musste Melanie 2 Wochen lang ein ständig schreiendes Kind ertragen, das direkt auf der Nebenplattform therapiert wurde. Für die Eltern dieses Kindes sicher eine absolut schwere Situation. Deswegen schwiegen wir auch und teilten mit niemandem unsere Bedenken. Melanie jedoch war noch nie in einem so desolatem Zustand. Sie ertrug es nicht und eigentlich haben wir ihr damit viel zugemutet.
Die vierte Therapie in Florida war angenehm, brachte aber im nachhinein keine wesentlichen Fortschritte. Melanie war aber während und nach der Therapie deutlich glücklicher und aufmerksamer.

Dazwischen gab es eine Therapie in Ägypten - die Haare stellen sich mir auf, wenn ich daran denke. In 4 Wochen durfte Melanie 4 x die Delfine "sehen" - von Berührungen oder gar Interaktionen konnte keine Rede sein. Die sanitären Verhältnisse am Therapieort spotteten jeder Beschreibung - für einen Menschen mit besonderen Bedürfnissen ein unmöglicher Zustand. Von Ruhe konnte überhaupt keine Rede sein. Auch wenn wir die Beduinen als unglaublich liebe und freundliche Menschen erlebt haben - sie konnten die Unruhe nicht wettmachen, die durch ständiges Bedrängen bettelnder Kinder entstand. Dazu war es nicht zu schaffen auf diesem engen Raum mit vielen Kindern, z.T. auch sehr unruhiger Kinder, so etwas wie eine entspannte Atmosphäre herzustellen. Alles in Allem - Ägypten war der absolute Ausrutscher und ein Beispiel für die fast schon kriminellen Ansätze mit hilfesuchenden Eltern sein Unwesen zu treiben, weil man ja gut daran verdient. Da half auch das Gerede über die umstrittene Alphatherapie wenig (angeblich soll der Alphazustand schon allein dadurch erreicht werden, dass sich die Delfine irgendwo in der Nähe befinden - warum dann so viel Geld?). Das hätten wir auch ohne Therapiekosten haben können. Wer es liebt, jeden Tag durch Berge von Unrat zum Therapieort zu fahren, wer gern sein Geschäft auf einem aufgeblasenen Gummiring, der auf einem groben Holzstuhl aufliegt, zu erledigen, wer sich für sein Kind wünscht, dass es jeden Tag 30 bis 40 Minuten im Meer schwimmen darf - in der Hoffnung, dass irgendwo in diesem großen Meer ein paar Delfine herumschwimmen, die einen Alphazustand bewirken - dem möchte ich von dieser Therapie nicht abraten. Es ist aber zu bemerken, dass Eltern dies ohne große Kosten innerhalb eines Urlaubs selbst bewerkstelligen können - ohne damit einem Herrn (der während der Therapien ohnehin lieber an seinem Computer sitzt und durch Abwesenheit glänzt) mit abgebrochenem Psychologiestudium seinen Lebensunterhalt und seine Pseudo-Aussteiger- mentalität zu finanzieren.

Für die Therapie in Kas/Türkei wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dass sie von den Fachleuten zur Kenntnis genommen und beachtet wird. Vielleicht sollten im Interesse der Kinder alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Für unsere Melanie war es jedenfalls der bisher entspannteste Therapieaufenthalt. Da immer nur ein Patient im Zentrum ist, können sich sowohl die Tiere, als auch der Therapeut ungestört diesem Menschen widmen. Der Behandelte erlebt, dass er für die Dauer der Therapie der wichtigste Mensch ist - und das haben doch gerade unsere Kinder mit ihren ganz speziellen Bedürfnissen mehr als verdient - oder?

Anmerkung 2005

mittlerweile findet in Kas keien Delfintherapie mehr statt - sehr schade, aber leider nicht zu ändern. Wir werden am 23.07.2005 zur Delfintherapie nach Curacao fliegen - ein Therapiezentrum, dass den strengen Standards der Stiftung Dolphin-Aid unterliegt und nach dem Beispiel des Dr. David Nathanson/Florida arbeitet.